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Steve Kaspar, der Passagier
Andreas Wagner

Zeichnungen aus dem Zyklus Génération, 1992-1997
Mischtechnik auf Steinbach-Papier
73 x 110 cm
110 x 146 cm

Steve Kaspars Zyklus Génération entstand zwischen 1992 und 1997 auf Steinbach-Papier, grundsätzlich ausgeführt in zwei Formaten in Mischtechnik. Dieser Zyklus beschreibt zugleich einen Höhepunkt, einen Endpunkt und einen Wendepunkt in Steve Kaspars künstlerischer Entwicklung. 


Das Arbeiten in zyklischen Prozessen ist praktisch von Anfang an ein wesentliches Charakteristikum von Steve Kaspars bildnerischer Entwicklung seit den 1970er Jahren und dies durchaus in einer sich retrospektiv betrachtet logisch entwickelnden Art und Weise. Stand anfangs der 1980er Jahre noch die Auseinandersetzung mit Farbe, Figürlichkeit und auch die Collage im Vordergrund von seiner Kunst, so geht der Zug immer mehr zur Konzentration und damit verbunden zur Reduktion der bildnerischen Mittel, wenn auch wesentliche Elemente der Auseinandersetzung mit Form und Bildkomposition über alle Stadien seiner zyklischen Entwicklung erhalten geblieben sind.

 

Das zutiefst unakademische Wesen von Steve Kaspars Kunst springt am stärksten dort ins Auge, wo sie sich ihr Vokabular selbst erarbeitet hat. Und das ist genau an dem Punkt erkennbar, wo sie widersprüchliche Elemente miteinander vereint. Das geschieht in den Zeichnungen des Zyklus Génération sogar noch lakonischer als je zuvor: Die Untergründe der Bildträger "Steinbach Weiß" werden bildnerisch zu einem mehrsichtigen und mehrschichtigen Spannungsrelief  aus Weißtönen, Weißlinien, Weißkonturen, Weißzonen und Weißabrieb umgedeutet, das, je nach Betrachtungsperspektive, vor dem Auge ein zutiefst räumliches Pulsieren und Irrisieren entstehen lässt. Dieses weiße Spannungsrelief, das alle Zeichnungen des Zyklus kennzeichnet, verleiht den einzelnen Blättern zwischen ihren Gleichgewichts- und Ungleichgewichtsverhältnissen eine innerlich gespannte Dynamik, die nach einer gewissen Zeit der Betrachtung einen unmittelbaren Eindruck von Körperlichkeit und Räumlichkeit vermittelt. So entsteht ein quasi unendlicher weißer Bildraum ein Raum als Grundierung und wohlgemerkt keine Fläche.


Auf diesem schwanken Grund entfaltet Steve Kaspar ein scheinbar freies Spiel aus Linien, geometrischen Formen (Kreisen und Dreiecken), Figuren, Kreuzen und immer wieder Inschriften, Signets (oft in Bierdeckelform), Zeichen und darüber Verwischungen, Abrieb, Craquelé. Ferner herrscht in diesen Zeichnungen ein Prinzip der Doppelung, Vervielfachung und Imitation vor. Doppelte Kreislinien, doppelte Inschriften, doppelte geometrische Figuren, doppelte Farben, aber eben auch ihre Imitation in veränderten Maßstäben lassen erst recht jenes Kräftespiel von Vorne und Hinten, Oben und Unten, Links und Rechts, Spiegelungen und Verschränkungen entstehen, die diese Zeichnungen so lebendig und für den Betrachter zu einer beständig wechselnden zeitlich-räumlichen Erfahrung machen.


Die Inschriften auf den Zeichnungen reichen von kurzen Ausrufen, hin zu größeren (Pseudo-) Zitaten und sind durchwegs immer kryptischer Natur. Damit verweisen sie direkt auf das künstlerische Wesen dieser Zeichnungen, denn sie chiffrieren und dechiffrieren den Bildraum zugleich. Noch mehr gilt dies für die Abdrücke kleiner Zeichnungen, Signets und auch Stills aus Videoarbeiten, die wie Fremdkörper und oft in mehreren Formaten in die Bildkomposition einwirken. Sie sind keine Fenster nach Draußen: Was im fensterlosen Hause steht, ist das Wahre. Übrigens ist auch die Passage ein fensterloses Haus. Die Fenster, die auf sie herabschauen sind wie Logen, aus denen man in sie hineinsehen, nicht aber aus ihr heraussehen kann. (Das Wahre hat keine Fenster; das Wahre sieht nirgends zum Universum heraus.). (Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Frankfurt/Main, 1983, S. 661.)


Steve Kaspars Zeichnungen richten selbst von außen den Blick auf ihren Gegenstand. Die reine Esoterik des zeitlich-räumlichen Kräftespiels wird durch die Unreinheit der unterschiedlich kombinierten Darstellungsmittel beständig konterkariert: Figürlichkeit, Zeichen, Inschrift treffen auf unendliche weiße Räume. Dass dieser Widerspruch einer wohlüberlegten künstlerischen Strategie entspringt, die sich aus jahrzehntelanger Erfahrung in künstlerischen Darstellungsprozessen nährt, macht nicht nur den besonderen intellektuellen Reiz dieser Arbeiten aus. Ihre Bildlichkeit selbst beschreibt einen reflektierten Standpunkt, einen wohlkomponierten Ausschnitt einer Passage in einem größeren künstlerischen Prozess, der in seiner spezifischen topologischen Ausprägung eine bewusste Perspektive auf die Zweideutigkeit des Raumes wirft: "Sie blinzelt, ist immer dieses Eine und nie Nichts, aus dem ein anderes sogleich heraussteigt. Der Raum, der sich verwandelt, tut das im Schoße des Nichts. In seinen trüben beschmutzten Spiegeln tauschen die Dinge den Kaspar Hauser-Blick mit dem Nichts: es ist ein so zweideutiges Zwinkern von Nirvana herüber." (Benjamin, Das Passagen-Werk, S. 1050.)


Steve Kaspar ist als Künstler ein Passagier, der sich in der zyklischen Prozessualität des Arbeitens sein eigenes Vokabular erobert hat. Anfang der 1980er Jahre studierte er Neues Musiktheater bei Mauricio Kagel an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Es ist sehr bezeichnend, dass er aus diesen musikalischen Studien bildnerische Lehren zog.


Sein Zyklus Génération war die letzte größere bildnerische Arbeit des Künstlers. Es ist eine Arbeit an der Schwelle zur Musik, der sich Steve Kaspar seit Ende der 1990er Jahre nun in der Hauptsache verschrieben hat. Es ist kein Zufall, dass wir vielen Techniken und künstlerischen Strategien, die wir in seinen Zeichnungen entdecken, in seiner Musik wiederbegegnen werden. Aber das ist eine andere Geschichte.


In seinem Werdegang ist Steve Kaspar ein Flaneur, der mit vielen künstlerischen Richtungen zu tun hatte, überall vorbeikam, jedoch scheinbar unbeeindruckt seinen eigenen Weg weiterverfolgt hat. Das Versprechen des Eins-Sein mit dem träumenden Kollektiv liegt in seiner Kunst als eine ferne, jedoch konstante Gewissheit beschlossen. Es wird zwischen Zeichnung und Betrachter heute jenseits der Geschichte der jüngeren Kunst eingelöst: "Das träumende Kollektiv kennt keine Geschichte. Ihm fließt der Verlauf des Geschehens als immer Nämliches und immer Neuestes dahin. Die Sensation des Neuesten, Modernsten ist nämlich ebensosehr Traumform des Geschehens wie die ewige Wiederkehr alles Gleichen. Die Raumwahrnehmung, die dieser Zeitwahrnehmung entspricht, ist die Durchdringungs- und Überdeckungstransparenz der Welt des Flaneurs."(Benjamin, Das Passagen-Werk, S. 678f.).

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Steve Kaspar, le passager
Andreas Wagner

Dessins de la série Génération, 1992-1997
Technique mixte sur papier « Steinbach »
73 x 110 cm
110 x 146 cm

 

Les dessins de la série Génération de Steve Kaspar ont été réalisés entre 1992 et 1997. Exécutés en technique mixte sur papier « Steinbach », essentiellement en deux formats, ils constituent à la fois un point culminant et un tournant dans l'oeuvre de l'artiste.

Le travail par séries est une caractéristique essentielle, si ce n'est logique de la démarche de Steve Kaspar depuis les années 1970. Si au début des années 1980, il privilégie la technique du collage et s'intéresse surtout à la couleur et à la figuration, son travail tend ensuite vers une concentration et une réduction des moyens formels, mais le souci de la forme et de la composition demeure présent dans toutes les itérations de ce cycle.

Le caractère profondément non-académique de l'art de Steve Kaspar devient particulièrement manifeste dès lors que son auteur développe son propre vocabulaire et, a fortiori, lorsqu'il associe des éléments apparemment contradictoires. Dans les dessins de la série Génération, cette manière de faire se veut plus laconique que jamais : le support d'image, des feuilles de papier « Steinbach » blanc, est réinterprété dans la composition comme un relief à multiples niveaux et transparences fait de nuances, de lignes, de contours, de zones et de frottements blancs qui, selon le point de vue du spectateur, évoquent l'impression de pulser et d'iriser dans l'espace. Ce relief sous tension, qui caractérise tous les dessins du cycle, confère à ceux-ci une dynamique oscillant entre équilibre et déséquilibre qui, lorsqu'on les observe de plus près, dégage une impression de physicalité et de spatialité. Il en résulte un espace blanc quasiment infini  en toile de fond, s'entend, non en surface.

Sur ce terrain fluctuant se déploie alors un jeu apparemment libre de lignes, formes géométriques (cercles et triangles), figures, croix, inscriptions, signes (évoquant souvent des sous-bocks) et symboles auxquels viennent s'ajouter effacements, abrasions ou craquelés. Les motifs sont par ailleurs soumis aux principes de la duplication, de la multiplication et de l'imitation : le dédoublement des lignes circulaires, inscriptions, figures géométriques et couleurs, mais encore leurs réitérations à différentes échelles produisent cette tension entre avant-plan et arrière-plan, entre haut et bas, entre gauche et droite, de même que ces reflets et enchevêtrements qui animent les dessins, dont l'observation s'apparente à une expérience spatiale et temporelle sans cesse changeante.

Exclamations sommaires ou (pseudo-)citations littéraires, les inscriptions demeurent toujours cryptiques. Ce faisant, elles renvoient directement à la nature artistique des dessins, puisqu'elles cryptent et décryptent en même temps l'espace pictural. Cela est d'autant plus vrai pour les empreintes sur les petits dessins, les signes et les photogrammes vidéo qui, souvent en plusieurs formats à la fois, font office de corps étrangers dans la composition de l'image. Ce ne sont pas des fenêtres sur l'extérieur : « Ce qui se trouve dans une maison sans fenêtres est le vrai. Du reste, le passage aussi est une maison sans fenêtre. Les fenêtres à l'étage qui donnent sur le passage sont comme des loges d'où l'on peut voir à l'intérieur, mais non à l'extérieur de celui-ci. (Le vrai n'a pas de fenêtres ; le vrai ne donne nulle part sur l'univers.) » (Walter Benjamin, Paris, capitale du xixe siècle. Le livre des passages, Paris, Éditions Cerf, 2006, p. 548).

De même, les dessins de Steve Kaspar portent sur leur sujet un regard extérieur. Le parfait ésotérisme du jeu avec les dynamiques temporelles et spatiales est sans cesse contrarié par l'impureté des moyens de représentation associés de manière hétéroclite : figures, signes et inscriptions s'entrechoquent dans des espaces blancs infinis. Que cette contradiction soit le fruit d'une stratégie mûrement réfléchie qui s'appuie sur des années d'expérience dans le travail sur les dispositifs de représentation artistique n'est pas la seule particularité qui fait l'attrait intellectuel singulier de ces oeuvres. Leur picturalité même témoigne d'un point de vue réfléchi privilégiant des extraits soigneusement choisis dans un processus artistique plus large qui, dans sa forme topologique spécifique, pose un regard conscient sur l'ambiguïté de l'espace : « Il cligne des yeux, il est toujours cela et jamais rien à partir de quoi un autre aussitôt surgit. L'espace qui se métamorphose le fait au sein du néant. Dans ses miroirs sales et ternis, les choses échangent un regard à la Gaspard Hauser avec le néant : c'est un clin d'oeil à double sens en provenance du nirvana. » (Walter Benjamin, Paris, capitale du xixe siècle. Le livre des passages, Paris, Éditions Cerf, 2006, p. 874).

Steve Kaspar est un artiste-passager qui, moyennant un processus cyclique, s'est approprié son propre vocabulaire formel. Au début des années 1980, il a étudié au « Nouveau Théâtre Musical » avec Mauricio Kagel à l'École supérieure de musique et de danse de Cologne. Qu'il ait tiré des enseignements artistiques de ses études musicales est significatif de toute son approche.

Son cycle Génération est sa dernière oeuvre visuelle majeure. C'est un travail aux confins de la musique, domaine dans lequel Steve Kaspar s'est prioritairement engagé depuis la fin des années 1990. Ce n'est pas un hasard si l'on retrouve dans ces dessins nombre de techniques et stratégies artistiques caractéristiques de ses recherches musicales. Mais c'est une autre histoire.


L'approche de Steve Kaspar est celle du flâneur qui s'est frotté à différents genres artistiques et qui a fréquenté différents milieux, mais qui a suivi son propre chemin sans se laisser impressionner. La promesse de ne faire qu'un avec « le collectif qui rêve » est enfouie dans l'art de Steve Kaspar telle une certitude lointaine mais constante. Elle se réalise aujourd'hui entre le dessin et le spectateur, au-delà de l'histoire de l'art récent : « Le collectif qui rêve ignore l'histoire. Pour lui, les événements se déroulent selon un cours toujours identique et toujours nouveau. La sensation du tout nouveau, du tout à fait moderne, est une forme du devenir tout aussi onirique que l'éternel retour du même. La perception de l'espace qui correspond à cette perception du temps, c'est la transparence du monde du flâneur, qui se prête à la superposition et à la compénétration. »(Walter Benjamin, Paris, capitale du xixe siècle. Le livre des passages, Paris, Éditions Cerf, 2006, p. 678f).

Visuel:
Steve Kaspar
Dessin du cycle Génération, 1996
Médias mixtes sur papier, 146 x 110 cm
Photo : Anne Gold

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